Wahrgenommen werden macht glücklich

“Sag mir wie Du sprichst und ich sage Dir, wie glücklich du bist!” – Einer der wichtigsten Schlüssel zum Glück ist der resiliente Umgang mit Sprache. Mit welchen Einstellungen und Haltungen gehen wir durchs Leben? Wie reden wir auf eine konstruktive Art und Weise mit anderen Menschen? Wie sprechen wir zu uns selbst, damit wir motivierter und optimistischer durchs Leben gehen? Mutter Natur hat uns die Sprache mit auf den Weg gegeben, die es uns ermöglicht, für das kleine alltägliche Glück selbst zu sorgen: Dieser Beitrag verrät Ihnen, wie Sie mit Hilfe des sprachlichen Umgangs im Alltag Ihr Leben und den Umgang mit Mitarbeitern, Kollegen und Kunden jeden Tag ein wenig glücklicher gestalten können.

Glück macht klug und stark

Wer gelernt hat seinem Glücksempfinden Ausdruck zu verleihen, stärkt das Immunsystem, wirkt Stress entgegen und fördert die Leistungskraft des Gehirns. Denn positive Gefühle lassen die Nervenverbindungen im Gehirn wachsen. Studien zeigen, dass glückliche Menschen kreativer sind, Probleme schneller lösen können und zugleich eher bereit sind, das Positive und Gute in Anderen zu sehen. Es lohnt sich also, das kleine Glück im Alltag zu fördern. Ein einfacher Weg, das Glück zu stärken, ist der sensible und aufmerksame Umgang mit unserer Sprache.

Zum Begriff Glück

Das «Glück» fand erst 1160 Eingang in die deutsche Sprache. Es leitet sich vom mittelhochdeutschen «gelücke» ab, was soviel wie «passend» bedeutet. Wir unterscheiden im Deutschen meistens zwei Formen des Glücks: Glück zu haben und Glück zu empfinden. Im Englischen unterscheiden wir luck und happiness. Die älteste indische Sprache, das Sanskrit, kennt sogar über ein Dutzend Wörter für die Beschreibung von Glücksmomenten. So ist sukha das Glück, das eine angenehme Empfindung bereitet, krtarthata, die Befriedigung, nachdem man etwas vollbracht hat, oder sampad, das angenehme Körpergefühl nach Yogaübungen.

Quelle und Lesetipp zum Thema Glück:
Stefan Klein: Die Glücksformel, oder wie die guten Gefühle entstehen, rororo Verlag 2003

Die große Kunst: Glücksmomente wahrnehmen

Die zweite zentrale Frage: Sind wir geübt darin, Glücksgefühle auch sprachlich auszudrücken? Können wir Glücksmomente damit wertschätzend uns und anderen gegenüber benennen und anerkennen?

Zum Glück haben wir Augen

Ob wir uns glücklich fühlen oder nicht, hängt eng mit unserer Sichtweise auf die Dinge zusammen. Sie gehen um 8.00 Uhr zur Arbeit und wollen um 17.00 Uhr nach Hause. Um 12.30 Uhr unterhalten Sie sich mit zwei Kollegen. Der eine stöhnt: «Oje, heute Morgen schon drei Interviews und jetzt noch drei bis um fünf. Der Stress nimmt heute kein Ende.» Der andere Kollege antwortet: «O ja, nur noch drei Gespräche, dann haben wir Feierabend. Das geht ja dann jetzt flott!»

Mit welchem Kollegen möchten Sie den Rest des Tages lieber zusammenarbeiten? Wie wir auf das Leben blicken: Der Pechvogel sieht das Glas eben halb leer. Der Glückspilz sieht das Glas halb voll. Fakt ist: Das Glas ist beides, schon halb leer und immer noch halb voll. Die Situation ist paradox, widersprüchlich, klar, aber nicht eindeutig. Wie glücklich Sie mit der Situation umgehen, entscheidet zum einen Ihre Einstellung, zum anderen der Kontext: Betrachten Sie das Glas und stehen Sie gerade unter Druck oder Stress? Dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Sie das Glas halb leer sehen. Betrachten Sie das Glas in einer entspannten Situation, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Sie das Glas halb voll sehen.

Woran liegt diese unterschiedliche Wahrnehmung? In der Evolution hat es sich bewährt, negativen Gefühlen eine stärkere Aufmerksamkeit zu schenken. So helfen uns zum Beispiel Angst und Wut dabei, in unangenehmen Gefahrensituationen für unsere Sicherheit und unser Wohlbefinden zu sorgen. Sehen wir das Glas also halb leer, sorgen wir automatisch eher für Nachschub. Sehen wir das Glas halb voll, sind wir zufrieden, fordern weniger und laufen damit Gefahr, dass das Glas bereits leer ist, wenn wir wirklich etwas brauchen. Glück und Zufriedenheit beherbergen also immer auch ein Risiko.

Der Wissenschaftsautor Stefan Klein bringt den Konflikt auf den Punkt, wenn er in seinem Buch «Die Glücksformel» sagt: «Der Mensch scheut das Risiko stärker, als dass er das Glück sucht.»

Die richtige Einstellung zum Glück

  • Gehören Sie auch zu den Menschen, die das Glas eher halb leer sehen? Dann wagen Sie öfter mal den Perspektivenwechsel. Welche Chancen und Möglichkeiten könnten sich daraus für Sie ergeben? Entdecken Sie drei neue Sichtweisen.
  • Sie können Mitarbeitern, Kollegen und Kunden auch körpersprachlich zu kleinen Glücksmomenten verhelfen. Zu den einfachsten und wirksamsten Glücksmachern gehören: ein Blickkontakt, eine offene und zugewandte Haltung und vor allem ein freundliches Lächeln.

Zum Glück haben wir Ohren

Glückskinder haben auch akustisch eine selektive Wahrnehmung. Sie hören eher das Gute, das man über sie sagt. Sie loben sich und ihre Arbeit öfter und berichten häufiger von Erfolgserlebnissen. Geht mal etwas schief, dann nehmen Sie es zwar zur Kenntnis, reiten aber nicht so lange auf dem Fehler herum. Wie ist es bei Ihnen, horchen Sie eher auf, wenn sich jemand über Ihre Arbeit unzufrieden äußert oder wenn Ihnen jemand ein Kompliment macht? Kritik ist gut und wichtig. Ist sie konstruktiv, hält sie uns dazu an, dass wir unsere Leistungen verbessern. Aber zu viel Kritik oder ungerechtfertigte und einseitige Kritik ist ein echter Glückskiller.

Achten Sie auf Ihre persönlichen Glücksbringer

  • Achten Sie ab und zu auf Ihre inneren Dialoge. Loben Sie sich zu selten? Heißt es bei Ihnen meistens: «Mist, hat schon wieder nicht geklappt! » oder sagen Sie öfter mal zu sich selbst: «Hey, das habe ich jetzt aber gut hinbekommen!»
  • Für unser Wohlbefinden und unsere Zufriedenheit spielt nicht nur das Feedback anderer Menschen eine wichtige Rolle. Auch wir selbst müssen uns immer wieder konstruktiv Feedback geben: «Wie kann ich das beim nächsten Mal besser machen?»

Wenn wir einander gut verstehen

Es macht den Menschen glücklich, wenn er gesehen und wahrgenommen wird. Schenken Sie einem Menschen Beachtung und Aufmerksamkeit, dann fühlen Sie sich auch selbst  gut. Ob zwei Menschen sich gut verstehen, können wir von außen nicht nur sehr schnell sehen, sondern auch hören. Wir hören den Klang ihrer Stimme, wie sie miteinander sprechen.

Sind sie eher laut oder leise? Ist der Gesprächsverlauf stockend, schwerfällig oder einseitig oder klingt das Gespräch in unseren Ohren eher flüssig, vertraut und lebendig? Wir erkennen auch sofort, wenn zwei Menschen glücklich miteinander sind oder gemeinsam einen schönen Moment erleben.

Wir hören hier und da ein Lachen und wir vernehmen eine besondere Art von Rückmeldung und Feedback, nämlich viel Lob, Anerkennung und auch Komplimente.

Ihre Glücksbringer im Gespräch

  • Stellen Sie Fragen. Nehmen Sie sich ab und zu Zeit, um in Ruhe mit Kollegen zu sprechen. Interessieren Sie sich für Ihre Kollegen. Aufmerksamkeit macht glücklich. Hören Sie zu. Lassen Sie Ihren Mitarbeiter ausreden. Halten Sie sich mit voreiligen Kommentaren zurück.  Auch ein aufmerksames Schweigen kann manchmal Balsam für unsere Seele sein.
  • Nutzen Sie Ihre Stimme. Zu den wirksamsten Glücksbringern im Kontakt mit Kunden gehört eine ruhige, sanfte und vertrauensvolle Stimme, die eine aufrechte Freundlichkeit vermittelt. Und vor allem ein herzhaftes und ansteckendes Lachen.

Wie wir unsere Mitarbeiter glücklich machen können

Jeder kennt den Glücksmoment, wenn er etwas Gutes isst oder trinkt  und das Glücksgefühl, welches damit verbunden sein kann. Besonders wenn wir etwas lange entbehrt haben, macht uns der Genuss einer Sache sofort glücklich. So kann nach einer langen, entbehrungsreichen Wanderung der erste Schluck kaltes, klares Quellwasser in einem Menschen ein tiefes Glücksgefühl auslösen. Ebenso kann in einer anstrengenden Arbeitsphase, wenn sich ein Projekt hinzieht und die Mitarbeiter lange Durststrecken hinter sich haben, ein kleines Lob wahre Wunder bewirken.

Wahrgenommen werden macht einfach glücklich.

Achtsamkeit und Wertschätzung machen glücklich. Feedback macht glücklich. Doch gerade Leistungsträger gehen oft sehr streng mit sich und anderen um. Viele Vorgesetzte fühlen sich nicht wohl dabei, wenn sie ihre Mitarbeiter loben oder ein Kompliment machen. Aber auch hier gibt es Abhilfe.

  • Fragen Sie Ihren Mitarbeiter danach, ob er selbst mit seiner Arbeit zufrieden ist, dann werden Sie selten auf ein echtes Eigenlob treffen. Oder Sie erhalten eine recht oberflächliche Antwort: «Ja, alles gut. Es läuft.» Aber was heisst das schon?
  • Fragen Sie nach dem kleinen Unterschied. Was ist heute Abend anders als gestern Abend? Welche Kleinigkeiten haben sich verändert oder sogar verbessert? Nehmen Sie sich ein paar Minuten Zeit, auch kleine Erfolgserlebnisse aufzudecken. Sorgen Sie regelmäßig für kleine Erfolgserlebnisse und damit auch für Glücksmomente. Das geht im Grunde einfach und motiviert langfristig.
  • Machen Sie eine positive Bemerkung darüber, dass trotz aller Arbeit, die noch auf dem Tisch liegt, etwas geschafft oder erledigt wurde. «Oh, ich bin froh (zufrieden, begeistert, erfreut, glücklich) darüber, dass Sie das Problem xy schon gelöst haben! Machen Sie weiter so.» Viele Menschen sind erst dann glücklich, wenn andere glücklich sind. Sie brauchen ein Glückssignal von ihrem Gegenüber.
  • Die weitverbreitete Einstellung von Vorgesetzten: «wenn ich mich nicht beschwere, dann ist alles in Ordnung», reicht bei den meisten Mitarbeitern einfach nicht aus. Je nach Typ muss der Eine es förmlich in Ihrem Gesicht oder an Ihrer Haltung sehen, dass Sie zufrieden sind. Da reicht dann schon ein kurzer anerkennender Blick oder ein Lächeln.
  • Bieten Sie Ihre Hilfe und Unterstützung an. «Brauchen Sie, was die neue Fragestellung angeht, noch Unterstützung?» Nur wenige Mitarbeiter trauen sich, um Hilfe nachzufragen. Viele Mitarbeiter brauchen keine Hilfe. Aber auch in diesem Fall tut es gut, wenn man weiß, dass man sie bekommen hätte.

Zusammenfassung

Konzentrieren Sie sich ab und zu darauf, sich selbst und andere ein wenig glücklicher zu machen. Achten Sie darauf, wie Sie mit Ihrer Sprache umgehen. Sprache ist ein wunderbares und weit unterschätztes Werkzeug, wenn es darum geht, Glück zu erzeugen, aber auch zu erleben. Nehmen Sie wahr, wie Sie Ihre Sprache nutzen. Achten Sie dabei auf innere Dialoge. Finden Sie heraus, welche Formulierungsweisen Sie von sich aus bevorzugen. Sind Sie ein sehr kritischer Mensch? Bleiben Sie ein kritischer Mensch. Das macht Sie aus.

Sie sollen sich nicht verstellen oder künstlich verändern. Haben Sie weiterhin einen guten Blick dafür, was nicht so gut läuft. Aber tun Sie sich und vor allem Ihren Mitarbeitern und Kollegen ab und zu den Gefallen und richten Sie Ihre Aufmerksamkeit und Ihr Feedback auch auf die Dinge, die gut laufen, die funktionieren und ein Lob wert sind. Nehmen Sie das Leben als Ganzes wahr. Machen Sie damit sich und andere ab und zu ein klein wenig glücklicher. Denn das Glück liegt, dank unserer Sprache, auch in unseren Händen.

Autorin: Ella Gabriele Amann
ResilienzForum Berlin